Einblicke in die Energietechnik der Zukunft
Im Rahmen des Physikunterrichts hatten die 10. Klassen die Gelegenheit, einen spannenden Vortrag von Herrn Hyrenbach zu besuchen, der sich mit den Wegen in der Energieversorgung beschäftigte.
Entwicklung der Energieerzeugung
Herr Hyrenbach, Experte für gasisolierte Mittelspannungsschaltanlagen bei ABB in Ratingen, präsentierte die Erzeugung von Energie im Wandel der Zeit. Anhand des Beispiels der Offshore-Windkraftparks, verdeutlichte er die Erzeugung, den Transport und die Verteilung von Energie. Er betonte, dass globale Netze von entscheidender Bedeutung sind, da Energie keine Landesgrenzen kennt.
Windkraft und Offshore-Parks
Die Leistungsfähigkeit der Windkraftanlagen hat sich in den letzten 30 Jahren um den Faktor 30 gesteigert. Dies hat die Effektivität von Windparks erheblich verbessert. So entspricht die Gesamtleistung eines Atomkraftwerks (3 GW) heute nur noch 200 Windrädern, während es vor 30 Jahren noch 6000 waren. Diese Entwicklung macht Windkraft zunehmend bezahlbar.
Herr Hyrenbach erläuterte die beeindruckende Größe der Offshore-Plattformen und den Aufbau dieser Anlagen. Hierbei wird die Spannung von 66 kV auf 525 kV umgewandelt, und der Wechselstrom (AC) wird in Gleichstrom (DC) transformiert. Dies ist wichtig, da die ohmschen Verluste bei DC mit etwa 4% pro 1000 km deutlich geringer sind als bei AC, wo die Verluste zwischen 6 und 10% liegen.
Herausforderungen und Lösungen im Energietransport
Offshore-Windparks spielen eine zentrale Rolle in der Energieversorgung der Zukunft, da der Wind auf See verlässlicher weht als an Land. Im Gegensatz zu Solarkraftwerken, die nur bei starkem Sonnenschein effektiv sind, können Windkraftanlagen auch nachts und im Winter Strom erzeugen. Die Herausforderung des Energietransports ist jedoch höher, da die Erzeugung und der Verbrauch weit auseinanderliegen. Herr Hyrenbach erklärte, dass der erzeugte Strom auf dem Weg zum Verbraucher mehrere Schaltanlagen durchlaufen muss. Dabei unterscheidet man zwischen Mittelspannung (12-36 kV), Hochspannung (110-380 kV)
und Niederspannung (400 V). In den Konverterstationen wird der Gleichstrom zum Weitertransport an Land wieder in Wechselstrom umgewandelt, um in das Wechselstromnetz eingespeist zu werden. Das Transportnetz in Deutschland wird derzeit massiv ausgebaut, um die Anbindung der Offshore-Windparks zu gewährleisten und die Verteilung in die Verbrauchszentren zu optimieren.
Schaltanlagen, die Schlüsselkomponenten für den Stromtransport
Für einen effizienten Stromtransport sind Transformatoren, Kabel, Freileitungen und insbesondere Schaltanlagen erforderlich.
Umspannwerke: Platzsparende Lösungen
Ein zentrales Thema des Vortrages waren die Umspannwerke, die für die Umwandlung und Verteilung elektrischer Energie unerlässlich sind. Luftisolierte Umspannwerke, die mit luftisolierten Hoch- und Höchstspannungsschaltanlagen ausgestattet sind, nehmen viel Platz in Anspruch. Im Gegensatz dazu bieten gasisolierte Umspannwerke (GIS) bis zu 90 Prozent Raumersparnis. Diese platzsparenden Lösungen sind besonders in städtischen Gebieten von Vorteil, wo der Platz begrenzt ist.
Hochspannungs-Schaltanlagen
Der Vortrag beleuchtete auch die verschiedenen Spannungsebenen in Hochspannungs anlagen, die weltweit stark variieren. Kürzere Strecken werden mit Spannungen von 110 bis 145 kV bedient, während mittlere Strecken 245 bis 380 kV erfordern. Für sehr große Entfernungen kommen Spannungen von 425 bis 800 kV zum Einsatz, in China sogar bis zu 1200 kV.
Ein wichtiger Aspekt war das Isoliergas, das traditionell Schwefelhexafluorid (SF 6) ist. Dieses Gas bietet eine dreimal bessere Isolierung als Luft, hat jedoch das höchste bekannte Treibhauspotenzial. Aufgrund der europäischen Fluor-Gase Verordnung wird der Einsatz von klimaschädlichem SF 6 in neuen Schaltanlagen ab 2026 schrittweise verboten. Zukünftige Anlagen werden stattdessen Luft oder Gasmischungen verwenden, die umweltfreundlicher sind.
Mittelspannungs-Schaltanlagen
Der Referent ging detailliert auf die Unterschiede zwischen luftisolierten Schaltanlagen (AIS) und gasisolierten Schaltanlagen (GIS) ein. Besonders interessant war der Aspekt der Stromunterbrechung im Hochvakuum durch Vakuum-Leistungsschalter. Ein anschauliches Beispiel eines solchen Schalters wurde mitgebracht und sorgte für großes Interesse. Je höher der Gasdruck, desto besser isolieren die Gase die elektrische Spannung. Nähert sich andererseits der Druck dem Hochvakuum, steigt die Isolierfähigkeit wieder sehr stark an. Spiralkontakte sorgen dafür, dass der Lichtbogen beim Öffnen der Kontakte nicht an einer Stelle stehen bleibt, sondern rotiert, wodurch ein Verschweißen der Kontakte verhindert wird. Der Lichtbogen erlischt nach dem Öffnen der Kontakte im Stromnulldurchgang.
Wichtige Funktionen von Schaltanlagen
Schaltanlagen sind entscheidend für die Verteilung von Energie, die Regelung des Lastflusses und den Schutz des Verteilnetzes. Sie sind das Bindeglied zwischen
Mittelspannung und Niederspannung und sind über das Stadtgebiet verteilt. Ortsnetzstationen können aus Blech, Beton oder neuerdings auch aus Holz gefertigt sein. In Stadtgebieten befinden sich die Ortsnetzstationen auch in Kellerräumen von Gebäuden.
Zukunftsausblick: Ausbau der Netze bis 2045
Der Vortrag schloss mit einem Ausblick auf den Ausbau der Netze bis 2045, insbesondere im Kontext der Informations- und Kommunikationstechnologie. Die steigende Anzahl elektrischer Endgeräte, wie Telefone, Computer und Fernseher, sowie die Umstellung auf elektrisch betriebene Fahrzeuge und Heizungen, stellt eine Herausforderung für die Energieversorgung dar.
Zukunftsperspektiven und Fachkräftemangel
Abschließend thematisierte Herr Hyrenbach den Fachkräftemangel in der Energiebranche und die Notwendigkeit von Ingenieuren in diesem Bereich. Er ermutigte die Schüler und vor allem die Schülerinnen, ein Studium der Ingenieurwissenschaften (Elektrotechnik oder Maschinenbau) zu erwägen, um in einem abwechslungsreichen und zukunftssicheren Berufsfeld zu arbeiten.
Als Leselektüre in den Sommerferien empfahl er zudem das Buch von Marc Elsberg „Blackout – Morgen ist es zu spät“, das eindrucksvoll die Bedeutung von Elektrizität für unseren Alltag darstellt und die ernüchternden Auswirkungen eines längeren Blackouts aufzeigt.
Der Vortrag von Herr Hyrenbach bot den Schülern wertvolle Einblicke in die Energietechnik und deren Bedeutung für die Zukunft. Der Vortrag regte zum Nachdenken über die Herausforderungen und Chancen der Energieversorgung an.
Wir danken Herr Hyrenbach herzlich für seinen Besuch.
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