Curriculum Vitae
1912 | Carl Friedrich wird als Sohn des kaiserlichen Marineoffiziers Ernst von Weizsäcker und dessen Ehefrau Marianne, geb. von Graevenitz, am 28. Juni 1912 in Kiel geboren. Nach dem ersten Weltkrieg geht der Vater in den diplomatischen Dienst. |
1925 | Der diplomatische Dienst bringt einen häufigeren Wohnortwechsel mit sich. Die Familie zieht u.a. auch nach Kopenhagen. Dort lernt Carl Friedrich bereits als Schüler Werner Heisenberg kennen, damals 25 Jahre alt und zu der Zeit Mitarbeiter von Niels Bohr. Es ist der Beginn einer lebensentscheidenden und lebenslangen Freundschaft. |
1929 | Beginn des Studiums der Physik in Berlin, Fortsetzung in Leipzig bei Werner Heisenberg und Promotion, 1933, im Alter von 21 Jahren; danach für einige Zeit am Institut von Niels Bohr in Kopenhagen. |
1936 | Assistent am Kaiser-Wilhelm-Institut für Chemie in Berlin bei Lise Meitner, Habilitation im Alter von 24 Jahren in Leipzig über Kernkräfte. Entdeckung der Energieerzeugung der Sonne mittels Kernfusion – zeitgleich mit Hans Bethe in Amerika, in der Physik Bethe-Weizsäcker-Zyklus genannt – Dozent an der Universität in Berlin. |
1937 | Carl Friedrich von Weizsäcker heiratet die Schweizer Historikerin Dr. Gundalene Wille, die er 1934 bei ihrer Arbeit als Journalistin kennen lernt. „Ich weiß nicht, wie ich die Spannungen des Lebens im Schatten der Politik von damals bis heute ohne sie ausgehalten hätte“, sagt von Weizsäcker später. |
1938 | Eine zweite lebenslange und ebenfalls lebensentscheidende Freundschaft verbindet ihn mit Georg Picht, der ihn „schrittweise“ in Kant, Platon, Aristoteles einführte“ (von Weizsäcker). Otto Hahn spaltet den Urankern. Eine ganz Nacht lang spricht v. Weizsäcker mit Georg Picht über die Konsequenzen der nun möglichen Atombombe. Dieses Gespräch wird zum Ausgangspunkt seines Engagements, den Krieg als anerkannte Institution der Konfliktlösung zu überwinden, nicht zuletzt im Hinblick auf die Verantwortung des Wissenschaftlers auch für die Folgen seiner Arbeit, die er nicht gewollt hat – selbst dann, wenn er sie nicht vorhersehen konnte. |
1939 | Mit Beginn des zweiten Weltkriegs wird von Weizsäcker mit anderen wichtigen deutschen Kernphysikern zum Heereswaffenamt dienstverpflichtet. Schon bald stellt sich heraus, die Kürze der Zeit und die geringen Mittel, die zur Verfügung standen, entheben die Physiker von der Entscheidung, die Atombombe zu bauen oder nicht zu bauen. |
1942 | Carl Friedrich von Weizsäcker erhält eine Professur für theoretische Physik an der Universität Straßburg. Mit Ende des zweiten Weltkriegs wird er mit den wichtigsten anderen deutschen Kernphysikern in Farm Hall in England interniert. Die Gespräche stehen unter dem erschütternden Eindruck von Hiroshima und Nagasaki, den praktischen Folgen vermeintlich reiner Grundlagenforschung. Diese Gespräche legen den Grundstein für die spätere „Göttinger Erklärung“ (1957). |
1946 | Rückkehr aus Farm Hall. Werner Heisenberg wird Leiter des Max-Planck-Instituts für Physik in Göttingen; Carl Friedrich von Weizsäcker wird Abteilungsleiter dieses Instituts und Honorarprofessor an der Universität Göttingen. Seine Grundlagenforschungen in der Physik sind untrennbar verbunden mit „Schritte über Grenzen“ der Disziplinen, zumal in Richtung philosophischer Reflexion. Besondere Wirkung erzielte damals seine Vorlesung über die „Geschichte der Natur“. |
1957 | Göttinger Erklärung, im Wesentlichen von v. Weizsäcker formuliert: 18 prominente Physiker machen die Haltung der übergroßen Mehrheit der deutschen Kernphysiker öffentlich, sich nicht an der Entwicklung von Kernwaffen zu beteiligen. Carl Friedrich von Weizsäcker folgt dem Ruf der Universität Hamburg auf einen Lehrstuhl für Philosophie und wird zu einem gesuchten Gesprächspartner und Ratgeber verschiedenster gesellschaftspolitischer Gruppierungen und Gremien. In der Phase internationaler Spannungen und studentischen Aufbegehrens um 1968 fördert insbesondere Bundespräsident Gustav Heinemann die Gründung eines Max-Planck-Instituts für „unbequeme Fragestellungen“ unter v. Weizsäckers Leitung. |
1970 | Max-Planck-Institut zur Erforschung der Lebensbedingungen der wissenschaftlich-technischen Welt. Der Titel verweist auf das Programm des Instituts, dessen Direktor v. Weizsäcker nun ist, und das einen Themenbogen von alternativer Verteidigungs- und Weltwirtschaftspolitik bis hin zu Fragen der Theologie, Soziologie, Ökologie und nicht zuletzt auch der Physik spannt. |
1980 | Emeritierung: Mit großer Intensität treibt Carl Friedrich von Weizsäcker seine physikalischen Forschungen wie sein philosophisches und gesellschaftspolitisches Engagement weiter, das beispielsweise in seinem Einsatz für den konziliaren Prozess zum Ausdruck kommt, der 1990 zu einer Weltversammlung der christlichen Kirchen in Seoul führt, aber auch in seiner Gründungsmitgliedschaft 1994 in „Wissen und Verantwortung e.V.“ |
2007 | Carl Friedrich von Weizsäcker verstirbt am 28. April 2007 im Alter von 94 Jahren im bayerischen Söcking am Starnberger See. |
Auszeichnungen & Ehrungen
Carl Friedrich von Weizsäcker ist im Laufe seines Lebens eine Vielzahl an Ehrungen und Auszeichnungen zuteil geworden, unter anderem der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, die Max-Planck-Medaille der Deutschen Physikalischen Gesellschaft, das Bundesverdienstkreuz, der Goethe-Preis der Stadt Frankfurt a.M. und die Mitgliedschaft im Orden pour le Mérite sowie der Templeton-Preis. Zweimal wird ihm die Kandidatur zum Amt des Bundespräsidenten angetragen.
“Naturwissenschaft, speziell theoretische Physik ist mein gelernter Beruf, in dem ich auch heute noch arbeite. Philosophie ist der Versuch, zu verstehen, was wir denken und was wir tun. Unsere Ethik darf nicht hinter der Entwicklung unserer Technik zurückbleiben, unsere wahrnehmende Vernunft nicht hinter unserem analytischen Verstand, unsere Liebe nicht hinter unserer Macht.”
(Zitat Carl Friedrich von Weizsäcker)
Zur Person
„Astronomie, Physik, Philosophie und Religion waren die Kräfte, die Ihr ganzes Leben bestimmt haben. In der Auseinandersetzung mit ihnen haben Sie es zu der von uns allen bewunderten Meisterschaft gebracht: Grenzen zu überschreiten und scheinbare Gegensätze – wie gerade die zwischen Naturwissenschaft und Religion – zu überwinden. Und das in jener klaren und deutlichen Sprache, die in Deutschland so selten ist, die aber erstes Verstehen zulässt und die Möglichkeit schafft, weiter und tiefer zu fragen.“
(Bundespräsident Roman Herzog in seiner Laudatio anlässlich des 85 jährigen Geburtstags Carl Friedrich von Weizsäckers)
Sind die Anfänge seines Lebenswerkes zunächst durch die hervorragenden Leistungen in naturwissenschaftlichen Bereichen geprägt, so verlagert sich seine Aufmerksamkeit mit zunehmendem Alter immer deutlicher in Richtung Philosophie und Theologie und konzentriert sich dabei auf die ethischen Grundlagen für wissenschaftliches Arbeiten, ja für unser Leben überhaupt. Das Wissen um die moralische Verantwortung des Wissenschaftlers für die Folgen seiner Arbeit – auch wenn er diese Folgen nicht gewollt hat und nicht einmal vorhersehen konnte -, dieses Wissen hat Carl Friedrich von Weizsäcker nachhaltig geprägt.
Fragen zu Ökonomie, Ökologie, zur wachsenden Arbeitslosigkeit und zur weltweiten „neuen internationale Arbeitsteilung“ beschäftigen ihn während seiner Schaffensperiode in Starnberg. In seinen religiösen Studien lenkt er den Blick auf die anderen großen Weltkulturen und Weltreligionen und verdeutlicht, dass Religion und Aufklärung sich gegenseitig nicht ausschließen, sondern bedingen.
„Naturwissenschaft, speziell theoretische Physik ist mein gelernter Beruf, in dem ich auch heute noch arbeite. Philosophie ist der Versuch, zu verstehen, was wir denken und was wir tun. Unsere Ethik darf nicht hinter der Entwicklung unserer Technik zurückbleiben, unsere wahrnehmende Vernunft nicht hinter unserem analytischen Verstand, unsere Liebe nicht hinter unserer Macht.“
(Zitat Carl Friedrich von Weizsäcker)
Sein außergewöhnlicher Weg ist untrennbar verbunden mit der Verwurzelung in der Familie mit seiner Frau, seinen Kindern und deren Kindern. In den späteren Lebensjahren sind stets einige der zahlreichen Enkel zu Gast, die das Ehepaar vor allem während der Urlaubszeit in einer Berghütte in Osttirol gerne begleiteten. Diese Umgebung, verbunden mit bescheidener, gesunder Ernährung, vielen Wanderungen mit der Familie und deren Freunden werden von Carl Friedrich von Weizsäcker immer wieder als eine Grundlage für seine ungebrochene Schaffenskraft bis ins hohe Alter bezeichnet.