mit Frau Dr. Yvonne Koch, Überlebende des KZs Bergen-Belsen
Am Donnerstag, dem 5. März, besuchten die Klassen 9b und 9d den Landtag in Düsseldorf. Dort fand ein Gespräch mit Frau Dr. Yvonne Koch, einer Zeitzeugin des Nationalsozialismus, statt. Schon im Vorfeld hatten wir im Unterricht ein kleines Büchlein über die Biografie von Frau Koch gelesen. Sie wurde als 10- jähriges Mädchen in das Konzentrationslager Bergen-Belsen verschleppt und musste dort über ein Jahr ohne ihre Familie überstehen. Nach ihrer Befreiung erzählte sie sehr lange Zeit nicht von den grausamen Dingen, die ihr widerfahren waren. Doch mit circa 70 Jahren entschloss sie sich, über ihre Vergangenheit zu erzählen.
Nachdem wir den Sicherheitscheck im Landtag absolviert hatten, wurden wir in den Sitzungssaal geführt, in welchem das Gespräch stattfinden sollte. Dr. Joachim Schröder, der Leiter der Gedenkstätte „Alter Schlachthof“, begrüßte uns. Im Laufe der thematischen Einführung sammelte er mögliche Fragen, die wir Frau Dr. Koch später stellen konnten.
Im Anschluss daran betrat eine kleine, schwarz-weiß gekleidete und sehr freundlich wirkende Frau den Saal – Frau Dr. Koch. Begleitet wurde sie von ihrem Mann und Herrn Dr. Schreiber, welcher das Gespräch mit ihr leiten würde. Zuerst wurde die 86-Jährige jedoch noch kurz vom Landtagspräsidenten André Kuper begrüßt. Er würdige in dieser Begrüßung den Mut, den Frau Koch aufbringe, uns zu erzählen, was ihr widerfahren sei.
Nun war endlich Frau Koch an der Reihe. Sie bekam von Herrn Schreiber einen kurzen Leitfaden und begann zu erzählen. Wie sie als Tochter einer jüdisch-assimilierten Familie in der damaligen Tschechoslowakei aufwuchs und wie sie die ersten Anfänge von Antisemitismus miterlebte. Zum Schutz vor den Nazis wurde sie als Kind in ein Kloster mit Internat geschickt. Weil ihr Vater (er war Arzt) Widerstandskämpfern geholfen hatte, wurde er gesucht und tauchte deswegen unter. Yvonne wusste irgendwann nicht mehr, wo sich ihr Vater befand und konnte einem Polizisten, der ihren Vater suchte und verhaften wollte, keine Antwort geben. Als Folge dessen wurde das zehnjährige Mädchen in das Konzentrationslager Bergen-Belsen verschleppt. Den tagelangen Transport dorthin musste sie mit vielen anderen Frauen in einem dunklen, verdreckten Viehwagen ohne Wasser, Essen und Toilette zurücklegen. Im Lager angekommen, hauste sie als einziges Kind mit vielen alten Frauen in einer Baracke. Da sie die Schwächste war, bekam sie am wenigsten zu essen und hatte fast keinen Platz zum Schlafen. „Im KZ gab es keine Solidarität“, erklärte sie uns. Sie war ganz alleine. Sie hatte Nichts und Niemanden. Ein wenig Trost schenkte ihr jedoch eine Frau, die ihr ein Paar Handschuhe schenkte, als sie vollkommen ausgehungert nach Essen suchte. Es waren diese Handschuhe, die ihr ein wenig Halt gaben und die sie jahrzehntelang aufbewahrt hat. Heute sind sie Ausstellungstücke in der Gedenkstätte in Bergen-Belsen.
Während Frau Koch uns davon erzählte, war es im Raum mucksmäuschenstill. Alle waren entsetzt von dem, was sie hier zu hören bekamen. Nachdem Yvonne Koch geendet hatte, konnten wir sie noch befragen. Sie beantwortete jede Frage, ohne einer auszuweichen und schaute die, die ihr die Frage stellten, während sie redete, an. Zum Schluss wurde sie nochmals von Herr Kuper verabschiedet, der Frau Dr. Kochs Eintrag in das Gästebuch des Landtags zitierte: „Wer in einer Demokratie schläft, wacht in einer Diktatur auf.“
Im Anschluss hatten wir bei einem kleinen Buffet noch die Möglichkeit, mit Frau Koch ins Gespräch zu kommen.
Die Begegnung mit einer Überlebenden eines Konzentrationslagers war etwas sehr Besonderes und eine einmalige Chance, die nicht mehr viele Generationen nach uns haben werden. Beenden möchte ich meinen Bericht mit dem Zitat, welches auch Herr Kuper in seiner Rede verwendet hat: „Nur wer die Vergangenheit kennt, kann die Gegenwart verstehen und die Zukunft gestalten.“
Juliane, 9b
Hier geht es zum Film des Besuchs im Landtag.